Der Argumentation für den Bau des 840 MW-Kohlekraftwerks (KKW) von DOW kann ich nicht folgen. Es heißt, dass KKW sei nötig, um die Energieversorgung des Industriestandorts Stade zu sichern. Das sei in der Bevölkerung akzeptiert. Stimmt das wirklich?
Die meisten Menschen wissen nicht, dass das KKW für den DOW-Eigenbedarf stark überdimensioniert ist.
Wenn gebaut werden sollte, ergäbe sich folgende Situation:
400 der 840 MW elektrische Leistung stehen zum Verkauf. Dieser Kohlestrom verstopft das öffentliche Netz für erneuerbare Energien, die eigentlich Einspeisevorrang genießen. Windräder müssen zeitweise abgeschaltet werden, weil ein KKW nicht bedarfsgerecht gesteuert werden kann. Der Verbraucher zahlt doppelt: den nicht eingespeisten Windstrom und den KKW-Strom.
Das KKW stößt jährlich mehrere Millionen Tonnen CO2 und giftige Metalle wie Quecksilber, Blei und Cadmium aus, die noch im Umkreis von 200km zu Gesundheitsschäden führen, nicht nur im Landkreis Stade. Daran ändert auch „hochmoderne“ Technik nichts. Wer würde heute noch eine Dampflok vermarkten wollen und sei sie technisch noch so ausgefeilt?
Die Stromlücke durch die 8 Atomkraftwerkabschaltungen haben der Zuwachs an erneuerbaren Energien und der Rückgang des Stromverbrauchs bereits im Jahr 2011 vollständig kompensiert. In 2012 exportierte Deutschland so viel Strom wie nie: 23 Milliarden kWh. In 2013 dürften es noch deutlich mehr werden. Denn im ersten Quartal diesen Jahres erreichte der Exportüberschuss bereits die Hälfte des gesamten Vorjahres.
Ein weiteres, unflexibles KKW braucht also weder die hiesige Industrie noch die Bevölkerung. Allein der Kohlemeiler in Hamburg-Moorburg wird Menschen und Umwelt Jahrzehnte lang schwer belasten.
Um den Eigenbedarf zu decken, kann das Kraftwerk deutlich kleiner und für weniger belastende Engergieträger, z.B. Gas, ausgelegt werden.
400 MW überschüssige Energie entsprechen der Leistung von ca. 150 zeitgemäßen Windenergieanlagen (WEA). Wären die WEA Eigentum von Energiegenossenschaften, so könnten Millionen Euro in die Taschen beteiligter Bürger und in deren Kommunen fließen, CO2-frei und umweltfreundlich. Das will die Bevölkerung!
Die Energiewende muss gelenkt werden und nicht behindert. Politiker, die den Bau der „hochmodernen Dampflok“ Kohlekraftwerk befürworten, werden ihrer Verantwortung für die heute lebenden Menschen und für nachfolgende Generationen nicht gerecht. Daran ändern auch hohe DOW-„Spenden“ nichts.
Die Bevölkerung lässt sich nicht für dumm verkaufen.
Siehe auch: http://www.ndr.de/ndr1niedersachsen/programm/sendungen/jetzt_reichts/jetztreichts1161.html
Kommentar verfassen
Verwandte Artikel
Irgendwie rückständig diese Verbrenner …
Ich finde es bemerkenswert, wie sich meine Sichtweise auf Verbrenner geändert hat. (Hybrid = Verbrenner mit Feigenblatt) Bis Oktober vergangenen Jahres besaß ich selbst noch einen. Dann kaufte ich ein…
Weiterlesen »
DOW Kraftwerkspläne schädlich
Am 25.6.15 hieß es im Tageblatt-Artikel „DOW sucht nach einem Kraftwerkspartner“, die DOW-Kraftwerkspläne seien zukunftsweisend. Das Gegenteil ist der Fall: DOW Stade benötigt eine Kraftwerkskapazität von 600 MW. 160 MW…
Weiterlesen »
Die Richtung muss stimmen
Auch die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Hauptsache die Richtung stimmt! Und die stimmt in Buxtehude. Dort wurde gestern der Grundstein für die Genossenschaft BürgerEnergie Buxtehude gelegt. Ich…
Weiterlesen »